Demokratie lebt vom Erleben

„Von Kinder- und Jugendarbeit haben viele in der Politik keine Ahnung. Dabei ist sie elementar für die Demokratie“, so Sebastian Dückers. „Wer das versteht, weiß, warum Jugendverbandsarbeit nicht in ein enges Korsett gezwängt werden darf und gefördert werden muss – allerorts und grundständig“, so der stellv. Vorsitzende des Bundes der Deutschen Landjugend e.V. (BDL).
Der aktuelle Kinder- und Jugendbericht mit dem Titel „Förderung demokratischer Bildung im Kindes- und Jugendalter“ gibt ihm Recht. Das bestätigen alle, die beim vergangenen BDL-Faktencheck dabei waren oder sich mit dem 669-Seiten-Werk beschäftigt haben. Denn bei dem Online-Angebot der Deutschen LandjugendAkademie (DLA) hat Dr. Christian Lüders die Erkenntnisse und auch Lücken des Berichts skizziert. Seit 1995 hatte er die Geschäftsführung der unabhängigen Sachverständigenkommission inne und hielt sich in der Diskussion mit der Landjugend nicht zurück.
Sehr schlüssig beschreibt der 16. Bericht, was politische Bildung eigentlich ist, wo oder wie sie stattfindet und kommt zu dem Schluss, dass sie ausgebaut und zeitgemäß gestaltet werden muss. „Politik ist viel mehr als das, was im Bundestag passiert“, übersetzt BDL-Vize Sebastian Dückers, erfreut darüber, dass die Wahrnehmung der Landjugend der fachlich verbrieften und wissenschaftlich fundierten Auffassung entspricht.
Die Feststellungen des Berichts decken sich mit dem Landjugendalltag: „Egal ob es um die Vorbereitung des Sommerlagers, die Jahresplanung, die anstehenden Vorstandswahlen oder Mitgliederversammlungen geht: Wir machen Politik. Wir befassen uns mit Anträgen, Vorschlägen und Themen; wir handeln Mehrheiten aus, eignen uns Wissen an, lassen uns beraten; wir vertreten unsere Wählerinnen und Wähler, ringen um Gestaltungsmacht und die Weiterentwicklung unseres Verbandes.“ Leicht erstaunt und doch bestimmt scheut der stellv. BDL-Bundesvorsitzende dabei den direkten Vergleich zu Abläufen in der Bundespolitik nicht.
Die Sachverständigen kommen in dem aktuellen Bericht zu dem Schluss, dass alle Kinder und Jugendlichen ein Recht auf politische Bildung haben. Das sei in allen Landesverfassungen verbindlich zu verankern. Sie empfehlen auch, das Wahlrecht ab 16 Jahren endlich bundesweit festzuschreiben. Eine Forderung, die der BDL seit 1997 vertritt.
Sebastian Dückers gibt eine klare Leseempfehlung für die Bundestagsdrucksache 19/24200. „Gedruckt ist sie zwar so dick wie ein Kopfkissen, aber der Inhalt entscheidet. Wenn alle, die Jugendverbände nur vom Hörensagen kennen, auf Seite 366 mit dem Lesen beginnen, haben wir viel gewonnen.“ Dort werden die Jugendverbände als Keimzellen für gesellschaftspolitisches Engagement hervorgehoben. Als wertvolle Bausteine bei der Demokratiebildung der nächsten Generationen seien sie flächendeckend stärker anzuerkennen und zu unterstützen. Für den BDL-Vize und die rund 100.000 ehrenamtlich Aktiven, die er vertritt, ist das auch ein Auftrag: „Wir müssen die eigene Diskursblase durchbrechen und den gesellschaftlichen Mehrwert von Jugendverbänden bekannter machen.“
Zugleich bezieht sich der Bericht darauf, dass Fach- und Hauptamtliche den demokratiestärkenden Prozess begleiten. Dr. Christian Lüders sieht hier eine Lücke: „Die Ortsgruppen sind das Grundgerüst der Jugendverbände. Dort gibt es keine hauptamtlichen Angestellten. Dort sind junge Menschen selbst Lernende und zugleich Anleitende.“
Wo vor Ort politische Bildung anfängt und endet, welches Potential dort steckt, ob es gehoben werden kann oder wie der Gefahr der Überforderung von Aktiven zu begegnen ist – das sind für den Sozialwissenschaftler wichtige Fragen. An denen will er auch im Ruhestand dranbleiben. Dafür hat er, wie beim DLA-Faktencheck, mit der Landjugend Verbündete gefunden. „Gemeinsam den Weg für mehr demokratische Bildung bereiten - das können und wollen wir. Jetzt auch mit dem unstrittigen Nachweis, dass Jugendverbände politisch bilden“, bringt BDL-Sebastian Dückers abschließend auf den Punkt.