Fast die Hälfte der Junglandwirt:innen und Jungwinzer:innen ist bereits an ihre Belastungsgrenzen gestoßen. Diese erschreckende Zahl stammt vom Bund der Deutschen Landjugend (BDL) – aus einer Umfrage der Arbeitskreise Agrarpolitik und Deutsche Jungwinzer:innen, die am Wochenende gemeinsam in Kassel getagt haben. Auch wenn diese Zahl nicht repräsentativ ist, unterstreicht sie den Handlungsbedarf. Bestehende Aufklärungs- und Hilfsangebote müssen transparenter werden, während zugleich stärkere Unterstützung der Politik gefordert ist, um die psychische Gesundheit in der Landwirtschaft zu verbessern.
„Die Arbeitsbelastung nimmt durch immer neue Vorschriften, durch unzuverlässige politische Rahmenbedingungen und häufigere Wetterextreme zu und geht einher mit finanziellen Nöten und dem Druck, gesellschaftlichen Erwartungen gerecht zu werden. Das geht an die Substanz“, stellt BDL-Vize Maike Delp fest.
Eine Masterarbeit1 dazu weist nach, dass 33 Prozent der befragten Landwirten und Landwirtinnen in Deutschland und Österreich die Kriterien für eine Depression erfüllen. Zudem sind 27 Prozent Burnout-gefährdet. Die Thünen-Studie zur Lebens- und Arbeitssituation von Frauen in der Landwirtschaft bestätigt diese Entwicklung: 21 Prozent der befragten Frauen gelten als Burnout-gefährdet. „Wenn Menschen in der Landwirtschaft deutlich häufiger von Depressionen, Angstzuständen und Burnout betroffen sind als die deutsche Durchschnittsbevölkerung, müssten doch bei den politisch Verantwortlichen alle Alarmglocken schrillen“, so die Jungwinzerin Delp, die den weinbaupolitischen BDL-Arbeitskreis leitet.
Die Politik muss endlich handeln! „Die Struktur psychosozialer Beratungsangebote muss ausgebaut werden. Eine Aufgabe für die neue Regierung“, ergänzt der stellv. BDL-Bundesvorsitzende Leon Ranscht.
„Wir sehen noch andere wichtige Stellschrauben. Wir brauchen dringend strukturelle Verbesserungen, die psychisch entlasten. Planungssicherheit für den agrarischen Nachwuchs und der Abbau von Regularien gehören unbedingt dazu“, zählt Ranscht auf. Außerdem müsse das Bewusstsein für mentale Gesundheit bereits in der Ausbildung, im Meisterkurs und im Studium geschärft werden. Hier liege der Fokus derzeit nur auf dem Arbeitsschutz, bemängelt die größte deutsche Junglandwirt:innen-Organisation.
„Die psychische Gesundheit von Landwirten und Winzern muss endlich ernst genommen werden“, betont der Leiter des BDL-Arbeitskreises Agrarpolitik. Eindrücklich fordert Ranscht die Politik und die Gesellschaft auf, „gemeinsam mit uns Lösungen zu finden und die Tabuisierung von psychischen Erkrankungen in der Landwirtschaft zu beenden.“
Die EU-Kommission stellte zuletzt ihre Agrarvision vor und betonte dabei die Bedeutung des Berufsnachwuchses. Eine attraktive Landwirtschaft entsteht jedoch nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Wer junge Menschen für den Beruf gewinnen will, darf ihre psychische Gesundheit nicht vernachlässigen. Bessere Unterstützungsangebote, weniger bürokratische Hürden und verlässliche politische Entscheidungen sind notwendig, damit die Landwirtschaft nicht nur wirtschaftlich, sondern auch menschlich zukunftsfähig bleibt. Der BDL wird weiterhin genau hinschauen.
1 Roth, Maria (2021) Prävalenz und Prädiktoren von Burnout, Depression und Angst bei Land-wirten und Landwirtinnen in Deutschland und Österreich. Masterarbeit. Paris-Lodron-Universität Salzburg. Salzburg 2021 (https://eplus.uni-salzburg.at/obvusbhs/download/pdf/7328665?originalFilename=true)
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