BDL lehnt Anhebung des Rentenalters ab

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LANDJUGEND WARNT VOR SOZIALER SCHIEFLAGE

Die Diskussion um eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 73 Jahre stößt beim Bund der Deutschen Landjugend (BDL) auf deutliche Kritik. „Eine weitere Anhebung ist ein Schlag ins Gesicht junger Menschen. Wieder sollen wir ausbaden, was vorher versäumt wurde“, sagt der stellv. BDL-Bundesvorsitzende Christian Leu.

Laut Deutscher Rentenversicherung[1] lag das durchschnittliche Renteneintrittsalter im Jahr 2022 bei 64,4 Jahren, zwischen 1980 und 2010 deutlich darunter. Schon in der Schule hätten viele gehört: „Ihr bekommt keine Rente mehr“, berichtet Leu. Das frustriere und nehme jungen Menschen die Perspektive. „Ständige Erhöhungen zerstören das Vertrauen in die Rentenpolitik. Wieder werden junge Menschen in zentralen Zukunftsfragen nicht beteiligt“, so der BDL-Vize.

Leu fordert Verlässlichkeit und Ehrlichkeit in der Altersvorsorge. „Wir brauchen Planungssicherheit für unser Leben und unsere Zukunft“, betont der Betriebsleiter aus Baden-Württemberg. Die Landjugend beschäftige sich in vielen Formaten und Angeboten mit Vorsorge und Zukunft. Trotzdem brauche es eine klare Perspektive in der staatlichen Rente.

„Ich brauche ein Ziel, auf das ich hinarbeiten kann. Das kann nicht die Rente mit 73 sein“, sagt Leu. In diesem Alter sei niemand mehr so leistungsfähig wie mit 40 oder 50 – weder körperlich noch geistig. Politik, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen aus Sicht des BDL dringend die Arbeitsbedingungen verbessern, damit Menschen überhaupt gesund bis zur Rente kommen. 

Jedes zusätzliche Jahr im Arbeitsleben erhöht nachweislich die Sterblichkeit – besonders in körperlich oder physisch anstrengenden Berufen.[2] Das betrifft viele Menschen im ländlichen Raum: Handwerkerinnen, Landwirte, Beschäftigte in Energieunternehmen, Tourismus und Produktion, Pflegende in Krankenhäusern, Pflegediensten und Hebammen. „Diese Berufe sind das Rückgrat der Regionen, aber mit 70+ nicht mehr vollumfänglich auszuüben“, sagt der stellv. BDL-Bundesvorsitzende.

Statt einer „Du-musst“-Politik fordert der BDL mehr Freiwilligkeit. Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung[3] ist z.B. das Arbeitsmarktpotential von Frauen noch längst nicht ausgeschöpft. Viele würden gern mehr arbeiten, tragen aber die Hauptlast in Haushalt und Betreuung. Reformen der Lohnsteuerklassen und des Ehegattensplittings könnten hier Entlastung schaffen. „Wer länger arbeiten möchte und kann, soll das dürfen, aber niemand sollte müssen. Mit 65 oder 67 muss man von seiner Rente leben können. Alles darüber hinaus sollte freiwillig bleiben“, erklärt Leu im Namen des BDL. 

Besonders ärgert ihn die lange Untätigkeit in Politik, Wirtschaft und Verwaltung. „Man wusste seit Jahrzehnten, dass die Babyboomer in Rente gehen. Das war seit den 80er Jahren absehbar. Trotzdem wurde zu wenig getan – in den Personalabteilungen, bei der Nachwuchsförderung, in der Gesundheitsvorsorge“, kritisiert er. Statt langfristiger Reformen wurde kurzfristige Klientelpolitik betrieben, um den nächsten Wahlerfolg nicht zu gefährden. 

Auch aktuelle Vorschläge überzeugen den BDL nicht. „Jetzt Kredite aufzunehmen, um eine Aktienrente zu finanzieren, ist zu spät und wenig nachhaltig“, so Leu. Zudem fehlten gesellschaftliche Aspekte in der Debatte: „Ehrenamt, Carearbeit und familiäre Pflege sind wertvolle Beiträge – sie verdienen Anerkennung, auch im Alter.“ 

Die Landjugend fordert außerdem, versicherungsfremde Leistungen – etwa die Mütterrente – künftig aus Steuermitteln zu finanzieren. Abgeordnete und Beamte sollten in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. „Wer selbst betroffen ist, entscheidet verantwortungsvoller“, fasst Leu die Verbandsmeinung zusammen. Bereits 2018 hatte der BDL in seiner Position Zukunftsfähige Ausgestaltung des Rentensystems Eckpunkte skizziert.

„Junge Menschen übernehmen Verantwortung – jeden Tag. Und sie erwarten zurecht, dass Politik generationengerecht und zukunftsorientiert handelt“, mahnt der stellv. BDL-Bundesvorsitzende. „Rentenpolitik darf nicht auf Kosten der jungen Generation gemacht werden. Statt Druck braucht es Motivation, Teilhabe und Vertrauen in die Zukunft.“
 

[1]https://www.demografie-portal.de/DE/Fakten/renteneintrittsalter.html

[2]https://www.tagesschau.de/wissen/gesundheit/rente-sterberisiko-100.html

[3]https://www.diw.de/de/diw_01.c.899375.de/publikationen/wochenberichte/2024_16_1/durchschnittliche_arbeitszeiten_in_deutschland_sinken__gesamtarbeitsvolumen_auf_rekordhoch.html

24. Oktober 2025

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