Die Landwirtschaft der Zukunft und eine zukünftige Gesellschaft kann nicht gestalten, wer sich hinter seinen Positionen versteckt und nur mit seinesgleichen redet. Das wissen junge Menschen wie die BDL-Bundesvorsitzende Kathrin Muus und Bundjugend-Vorstand Myriam Rapior. Beide wurden von der Bundesregierung in die „Zukunftskommission Landwirtschaft“ (ZKL) berufen und haben in den vielen Monaten intensiver und streitreicher Diskussion ihre Filterblase verlassen und eine gemeinsame Vision für die Zukunft der Landwirtschaft entwickelt. Beginnend mit den Schnittpunkten ihrer verbandlichen Positionen hatten sich die Verbandsvertreterinnen daran gemacht, die Gegensätze zu diskutieren und Konsens herauszuarbeiten. Sie haben die Perspektiven gewechselt, um die andere Seite besser zu verstehen, und miteinander um Kompromisse gerungen. Im Ergebnis dieser konstruktiven Zusammenarbeit steht ein Zukunftsbild der Landwirtschaft, das bei allen Unterschieden, die zwischen BDL und BUNDjugend auch weiterhin bestehen, einen Weg aufzeigt.
Die deutsche Landwirtschaft trägt zur Ernährung der Bevölkerung bei. Landwirt:innen werden von der Gesellschaft, d.h. von den Bürger:innen und gesellschaftlichen Institutionen (Unternehmen, Ver- bänden, Parteien, Wissenschaft, Religionen etc.) für die Lebensmittelerzeugung und den positiven Beitrag zu Umwelt- und Naturschutz wertgeschätzt. Die Produktion und das Angebot von Lebensmitteln durch Landwirt:innen bilden weltweit die Grundlage für Frieden und Wohlstand und sind somit wichtige Faktoren für gesellschaftliche Stabilität. Der Wirtschaftssektor Landwirtschaft hat große gesellschaftliche Relevanz, da er die elementare Aufgabe der Ernährungssicherheit übernimmt und die Lebensgrundlage der Menschen sichert.
Landwirtschaftliche Betriebe sind Unternehmen mit gesellschaftlicher und ökologischer Verantwortung. Landwirt:innen arbeiten selbständig und wirtschaften eigenverantwortlich. Das unternehmerische Handeln landwirtschaftlicher Betriebe beinhaltet, dass sie Ressourcen, Investitionen, Produktion und Arbeitskraft nach eigenem Ermessen einsetzen. Landwirt:innen setzen gute, fachliche und zukunftsorientierte Praxis um, die wissenschaftlich sinnvoll, umwelt- und klimaschützend ist. Die Landwirtschaft in Deutschland ist vielfältig. Manche Betriebe sind spezialisiert, anderen haben sich diversifiziert. Die Gesellschaft betrachtet die Landwirtschaft ohne Vorurteile; Landwirtschaft und Gesellschaft stehen geschlossen zusammen. Landwirt:innen führen ihren Beruf gerne und zu fairen Bedingungen aus. Ihr Einkommen ist dem deutschen Durchschnittseinkommen vergleichbar und wird in ihren Betrieben erwirtschaftet. Die Erzeuger:innenpreise sind in einem fairen, polypolistischen Markt so gestaltet, dass gesellschaftliche Teilhabe, Betriebsabsicherung und Altersvorsorge für die Landwirt:innen und ihre Familien möglich sind. Angestellte in der Landwirtschaft erhalten einen fairen Lohn und arbeiten unter guten und sicheren Arbeitsbedingungen.
Wünschenswert ist eine stabile bis steigende Anzahl der Höfe. Die Vielfalt der betrieblichen landwirtschaftlichen Strukturen bleibt erhalten. Die inner- und außerfamiliäre Hofübergabe wird gesellschaftlich und politisch prioritär unterstützt. Der Staat bietet Unterstützungsmöglichkeiten für landwirtschaftliche Existenzgründungen. Junglandwirt:innen haben bevorzugten Zugang zu Boden.
Die Landwirtschaft trägt zum Umwelt-, Natur- und Tierschutz bei. Durch regenerative Landnutzung wird die Gesundheit der Menschen und Tiere sowie die Qualität des Wassers, der Böden und der Luft erhalten und verbessert.Betriebszweige und landwirtschaftliche Praktiken, die effektiv zum Klimaschutz beitragen, sind aus- gebaut und durch Betriebe einfach umsetzbar. Die zukunftssichere Ausrichtung und die klimafreundliche Transformation von Betrieben werden weiterhin öffentlich unterstützt.
Die biologische Vielfalt wird als elementar anerkannt und gewahrt, da sie die Grundlage der Funktionsfähigkeit von Ökosystemen darstellt. Aktivitäten, die die Biodiversität und insbesondere den Insektenschutz fördern, sind die Regel. Agrarlandschaften sind von struktureller Vielfalt geprägt, so umfassen landwirtschaftliche Flächen vernetzte Biotopstrukturen wie Blühflächen, Hecken und Grünstreifen. Agroforststrukturen sind ausgebaut und es werden keine weiteren Flächen versiegelt. Moore wurden zu großen Teilen durch Unterstützung öffentlicher Mittel wieder vernässt und die langfristige Perspektive von betroffenen Betrieben gesichert. Der vermehrte Humusaufbau, die große Vielfalt standortangepasster Sorten, der Anbau einer ausgewogenen Fruchtfolge und die Nutzung von Leguminosen und Zwischenfrüchten tragen dazu bei, dass die Landwirtschaft einen positiven Einfluss auf den Klimaschutz hat. Landwirt:innen streben eine durchgehende Bodenbedeckung an, um Erosionen zu vermeiden.
Wenn möglich, wird vorhandene Gülle oder Mist als Dünger verwendet und auf zusätzlichen mineralischen Dünger verzichtet. Die staatliche Forschung zum mittelfristig adäquaten Ersatz von synthetischen Düngemitteln und chemischem Pflanzenschutz wird vorangebracht. Die Landwirtschaft ist auf die Folgen der Klimaerwärmung vorbereitet, da sie bei der Umstellung zu klimafreundlichen – und resilienten Produktionsweisen unterstützt wird (z.B. durch unabhängige Klimaberatung). Klimaförderliche Wirkungen der Landwirtschaft sind in der landwirtschaftlichen Praxis etabliert oder sogar zu Betriebszweigen geworden, da sie Landwirt:innen neue Einkommensmöglichkeiten eröffnen.Alle Wirtschaftssektoren tragen ökologische Verantwortung. Synergien im Sinne des Umweltschutzes und im Sinne der Betriebe entstehen durch die Sektorenkopplung, sodass sie gut aufeinander abgestimmt sind und zur effizienten Nutzung von Ressourcen beitragen.
Die Landwirt:innen stehen einem fairen Markt gegenüber. Sowohl im Bereich der Lebensmittelerzeugung, als auch in der weiterverarbeitenden Produktion und im Vertrieb herrschen ausgewogene Marktkräfte. Die deutsche Politik und Gesetzgebung verhindert einseitige Oligopol- und Monopolbildung. Die deutsche Landwirtschaft hat gute Einkommenschancen und einen gerechten und transparenten Zugang zu Informationen innerhalb der Märkte. Unfaire Handelspraktiken werden durch wirksame Gesetze unterbunden. Die Tätigkeiten von landwirtschaftlichen Betrieben sind transparent gestaltet und Informationen dazu einfach zugänglich. Für ihre Aktivitäten erhalten sie gesellschaftliche Wertschätzung und Anerkennung. Die Zusammenarbeit mit vor- und nachgelagerten Bereichen der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette ist fair aufgebaut und setzt ihren Schwerpunkt auf regionale Weiterverarbeitung und Vermarktung. Dabei ergänzt überregionaler Handel regionale Strukturen und erweitert wirtschaftliche Handlungsspielräume.
Das deutsche Landwirtschafts- und Ernährungssystem funktioniert zu großen Teilen in regionalen Kreisläufen. Die Verarbeitung von Lebensmitteln findet bevorzugt regional statt und Transportwege für landwirtschaftliche Erzeugnisse werden so kurz wie möglich gehalten. Um dies zu ermöglichen, werden regionale Strukturen (z.B. in der Lebensmittelverarbeitung oder -vermarktung) gestärkt und bürokratische und gesetzliche Hürden zur Umsetzung abgebaut bzw. außer Kraft gesetzt. Durch das Angebot von gesunden, regionalen und ökologischen Lebensmitteln in öffentlichen und privaten Einrichtungen, wie Schulen, Behörden, Krankenhäusern, Betriebskantinen etc., wird die lo- kale Nachfrage nach diesen Lebensmitteln gestärkt und sichert Landwirt:innen verlässliche Abnahmemengen auf dem Markt. Stoff- und Energiekreisläufe sind überwiegend geschlossen, sodass Materialien und Nährstoffe aus Produktion, Konsum und Abfallbeseitigung größtenteils regional zirkulieren.
Alle Menschen haben Zugang zu hochwertigen Lebensmitteln, weltweit muss niemand hungern. Die Menschen ernähren sich gesund und ausgewogen. Lebensmittel werden nicht verschwendet, da die Gesellschaft ihnen einen hohen Wert beimisst. Die Bevölkerung kennt den Erzeugungsprozess von Lebensmitteln und ist über die Arbeit der Landwirt:innen informiert. Deshalb schenken Verbraucher:innen der Herkunft und Produktionsweise ihrer Lebensmittel hohe Beachtung und konsumieren vermehrt regionale Produkte. Dabei helfen ihnen verlässliche und einfach verständliche Kennzeichnungssysteme. Der Konsum tierischer Produkte erreicht ein gesundes Maß und steht im Einklang mit Umwelt, Klima, Natur und Tierwohl.
Junge Menschen jeden Geschlechts ergreifen landwirtschaftliche Berufe gerne. Sie werden beim Einstieg in den Beruf, in den eigenen Betrieb durch Hofübernahme oder Existenzgründung unterstützt. Die duale Ausbildung in den landwirtschaftlichen Berufen vermittelt theoretisches und praktisches Generalwissen und bietet eine Ausbildungsvergütung, von der die Auszubildenden selbstbestimmt leben können. Studium und Ausbildung greifen aktuelle und zukünftige Herausforderungen auf: von der umweltfreundlichen und innovativ-technischen Ausrichtung eines Betriebs bis zur Erschließung neuer Betriebszweige z.B. durch Implementierung von Ökosystemdienstleistungen. Studiengänge der Landwirtschaft und Agrarwissenschaften sowie Weiterbildungen in den landwirtschaftlichen Berufen vermitteln den angehenden Landwirt:innen handlungsfeldbezogenes Fachwissen für ihren späteren, teils auch fachspezifischen, Berufsalltag. Berufsbegleitende Fortbildungen und Schulungen unterstützten Landwirt:innen in regemäßigen Abständen mit Wissen über neue Produk- tionspraktiken und bei der Bewältigung neuer Herausforderungen. Zusätzlich steht ihnen ein unabhängiges Beratungsangebot zur Verfügung.
In der Zusammenarbeit mit öffentlichen Institutionen sind Landwirt:innen zufrieden, da Planungssicherheit gewährleistet ist und der bürokratische Aufwand in Relation zur Betriebsgröße steht. EU-weit werden im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik öffentliche Mittel ausschließlich für die Erbringung gesellschaftlicher Leistungen durch die Landwirt:innen, wie z.B. Ökosystemleistungen und Kulturlandschaftspflege, zur Verfügung gestellt. Das bedeutet, dass Landwirt:innen für gesellschaftliche Leistungen im Sinne des Gemeinwohls und der Ökologie bezuschusst werden. EU-weit gelten einheitliche Standards für Arbeitsbedingungen, die Produktion und die Weiterverarbeitung von Lebensmitteln. Auch wird europaweit einheitlich Transparenz für Verbraucher:innen über die Herkunft, Produktion und Weiterverarbeitung von Lebensmitteln geschaffen.
Tiere werden unter hohen Tierschutzstandards gehalten und sind über den ländlichen Raum ver- teilt. Mit den vom Strukturwandel betroffenen Betrieben wurden langfristige Perspektiven entwickelt und umgesetzt. Die Tiere verfügen über ausreichend Platz und Auslauf. Nutztiere werden zu großen Teilen mit hofeigenen oder regionalen Futtermitteln versorgt. Der Einsatz von Tierarzneimit- teln erfolgt bedarfsorientiert und entsprechend medizinischer und sachgerechter Diagnose und Therapie. Der Tierbestand und deren Haltungsbedingungen haben sich so entwickelt, dass Deutschland die umwelt- und klimapolitischen Vereinbarungen einhält.
Die Digitalisierung findet in der Landwirtschaft Verwendung und bringt die Bedürfnisse von Mensch, Tier, Umwelt und Natur in Einklang. Techniken zur präzisen Arbeit auf dem Feld und einem gezielten Pflanzenschutz gehören genauso dazu wie der Einsatz moderner Innovationen zur Unterstützung der Tiergesundheit. Die Digitalisierung trägt in der Landwirtschaft zu globalem Umwelt- und Naturschutz wie zur Produktion von Nahrungsmitteln bei. Die Datenhoheit obliegt dabei dem Landwirt bzw. der Landwirtin selbst. Die Landtechnik wird bei der Weiterentwicklung und Erforschung neuer Technologien und beim Zugang zu digitalen Techniken für Betriebe staatlich unterstützt. Dabei soll die Nutzung auch kleinen und mittleren Betrieben ermöglicht werden. Trotz digitaler Anwendungen sind Landwirt:innen essentiell für die Arbeit auf ihren Betrieben. Sie treffen die Entscheidungen für digitale und analoge Vorgehensweisen landwirtschaftlicher Arbeitsprozesse. Damit die Landwirt:innen die Möglichkeiten der Digitalisierung in vollem Umfang nutzen können, ist die digitale Versorgung der ländlichen Gebiete gewährleistet und wird dem technischen Fortschritt dynamisch angepasst.
Landwirtschaftliche Strukturen sind weltweit vorhanden und global gerecht gestaltet. Landwirt:innen können global zu fairen Arbeitsbedingungen arbeiten. Die deutsche Agrarwirtschaft handelt auf fairen regionalen, nationalen und globalen Märkten über die gesamte Lieferkette hinweg. Sie führt weder explizit noch implizit zu negativen menschenrechtlichen, sozialen oder ökologischen Folgen in Drittländern. Die ökologischen und ökonomischen Bedingungen für Kleinbauern und Kleinbäuerinnen ermöglichen weltweit ein stabiles Einkommen, soziale Teilhabe und Marktzugang. Der uneingeschränkte Zugriff auf wichtige Ressourcen – wie z.B. Wasser, Acker- und Weideland, Saatgut, Energie, Kapital und Bildung – ist sichergestellt.
Magst du einen Blick in die Regenbogenwelt wagen? In der Sonderausgabe des LaMa (wie LandjugendMagazin) der Niedersächsischen Landjugend findest du unter anderem heraus, wofür die Buchstaben LGBTQIA und die vielen bunten Flaggen stehen. Der Zeitstrahl zeigt, was die queere Community schon alles erreicht hat und welche schwierigen Kämpfe geführt werden mussten. Ein paar Serien-, Buch- und Podcast-Tipps gibt’s auch. Und Interviews mit Sven Lehmann, Simona Maier und einigen queeren Jugendlichen vom Land.